Wer darf bei den Sozialwahlen wählen und wer wird dort überhaupt gewählt? Hier bekommen Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Sozialwahlen.

Die Sozialwahlen führen die Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherungsträger durch. Sie werden dabei vom Bundeswahlbeauftragten für die Sozialversicherungswahlen unterstützt, dessen Auftrag in der Überwachung der korrekten Durchführung des Wahlvorgangs besteht. Zurzeit wird dieses Amt von Peter Weiß (CDU) ausgeübt, seine Stellvertreterin ist Doris Barnett (SPD). Die Arbeit der Wahlbeauftragten wird von einer Geschäftsstelle koordiniert. 

In den Vertreterversammlungen (Renten- und Unfallversicherungen) der Sozialversicherungsträger sitzen die bei den Sozialwahlen gewählten Repräsentant*innen der Versicherten – sie vertreten diese. Deshalb nennen sich die entsprechenden Gremien häufig auch Vertreterversammlung. Bei einigen Trägern werden sie auch als Verwaltungsrat bezeichnet (Krankenversicherung). Die Vertreter*innen sind ehrenamtlich in Gremien und Ausschüssen tätig.

Widerspruchausschüsse überprüfen die Ablehnungsbescheide eines Sozialversicherungsträgers, sofern die Versicherten diese nicht akzeptieren, Widerspruch einlegen und der Träger dem Widerspruch nicht unterdessen selbst abgeholfen hat. Die Widerspruchsausschüsse tragen durch ihre Arbeit zur Verminderung von Sozialgerichtsverfahren bei.

Die Besetzung der Widerspruchausschüsse wird von der Selbstverwaltung des jeweiligen Trägers geregelt. Sie sollen wirtschaftlich und personell unabhängig vom Träger im Interesse der Versicherten tätig sein. Auch die Widerspruchausschüsse sind mit ehrenamtlich tätigen Vertreter*innen besetzt.

Nein, sie vertreten die Interessen der Versicherten ausschließlich ehrenamtlich. Dahinter steht die Überzeugung, dass eine Anstellung beim Träger zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Versichertenvertreter*innen führen und damit ihre Arbeit beeinträchtigen könnte. Das Ehrenamt sichert deren Unabhängigkeit.

Die gesetzlichen Krankenkassen folgen dem Solidarprinzip: Die Gesamtheit aller Versicherten trägt dabei die Risiken des einzelnen Mitglieds. Allen Versicherten stehen die gleichen Leistungen zu; Beitrag, persönliche gesundheitliche Risiken, Eintrittsalter oder Familienstand spielen keine Rolle. Die erforderlichen Leistungen werden im Umlageprinzip finanziert. Die gesetzlichen Krankenkassen verwalten sich selbst. In der privaten Krankenversicherung finanzieren die einzelnen Versicherten ihren Schutz nach Maßgabe individueller Risikofaktoren auf Basis des Kapitaldeckungsverfahrens. Im Leistungsfall muss das einzelne Mitglied in Vorleistung gehen und erhält später die Kosten erstattet. Eine Selbstverwaltung gibt es nicht.

Ja, die Bundesagentur für Arbeit ist drittelparitätisch aus Versicherten, Arbeitgebern und öffentlicher Hand besetzt. Die Vertreter*innen werden auf Vorschlag der beteiligten Verbände und Gewerkschaften vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ernannt. Die Gewerkschaften kritisieren das Ernennungsverfahren aber und setzen sich für Wahlen ein.

Die Selbstverwaltungsgremien werden immer zu gleichen Teilen aus Vertreter*innen der Versicherten und der Arbeitgeberseite gebildet. Wenn sich nur genau so viele Kandidat*innen zur Wahl stellen, wie Mandate zu vergeben sind, entfällt die eigentliche Wahl. Dieser Vorgang wird „Friedenswahl“ genannt und ist so auch im Paragraph 46, Abs. 2 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorgesehen.

Den „vertrauensärztlichen Dienst“ (VÄD) gibt es im Wortsinne nicht mehr; dessen Aufgaben werden jetzt vom Medizinischen Dienst (ehemals Medizinischer Dienst der Krankenkassen, MDK) wahrgenommen. Auch der MD verfügt über eine Selbstverwaltung. Diese wird nach einer festgelegten Quote aus den Verwaltungsräten der Krankenkassen besetzt.

Soweit es die Arbeitnehmer*innenseite und Solo-Selbstständige betrifft, genießen laut Paragraph 48 im Sozialgesetzbuch (SGB) IV das Recht, Vorschlagslisten einzureichen, „Gewerkschaften sowie andere selbständige Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) sowie deren Verbände…“.

Nein. Da die Selbstverwaltung die Aufgabe hat, den Träger zu kontrollieren, würden sich in diesem Fall die Beschäftigten selbst kontrollieren. 

Die Sozialversicherungswahlen finden alle sechs Jahre statt (z. B. 2017, 2023 etc.). Um als Kandidat*in nominiert zu werden, ist es ratsam, rechtzeitig (ca. ein Jahr vor den Wahlen) im zuständigen ver.di-Bezirk oder -Landesbezirk (https://sozialwahlbeauftragte.verdi.de) Interesse anzumelden. Die Versichertenvertreter*innen sind für die Teilnahme an ihren Gremiensitzungen freigestellt.

Nein. Wer seit dem 1. Januar 2005 erstmalig eine Rentenversicherungsnummer erhalten hat, wird der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS) zugeordnet, sofern eine knappschaftliche Tätigkeit verrichtet wurde, bei der Deutschen Bahn AG, deren ausgegliederten Tochterunternehmen, in der Seeschifffahrt oder Seefischerei gearbeitet hat. Trifft dies nicht zu, werden die Versicherten per Quote zu 55 Prozent den DRV-Regionalträgern (z. B. DRV Rheinland, Berlin-Brandenburg, Nord usw.), zu 40 Prozent der DRV Bund und zu fünf Prozent der DRV KBS zugeordnet. Versicherte, die vor dem Stichtag bereits zum Bestand eines Rentenversicherungsträgers gehörten (ehem. BfA, LVA, Bundesknappschaft, Seekasse oder Bahnversicherungsanstalt) wurden zunächst deren Rechtsnachfolgern zugeordnet. Bis 2020 wurden gemäß der Quote 40/55 ehem. Versicherte von BfA und LVA in einem Ausgleichsverfahren (Paragraph 274 c SGB VI) auf DRV Bund und DRV-Regionalträger verteilt.

Mitglieder der Krankenkassenvorstände sind hauptamtlich beschäftigt –  Mitglieder der Vorstände der Renten- sowie der Unfallversicherung sind ehrenamtlich Tätige. Krankenkassen unterliegen der eingliedrigen Selbstverwaltung durch einen Verwaltungsrat; bei Renten- und Unfallversicherung existieren zweigliedrige Strukturen, bestehend aus Vorstand und Vertreterversammlung. Das operative Geschäft wird von Geschäfts- bzw. Hauptgeschäftsführungen verantwortet.

Im so genannten Sozialgesetzbuch (SGB) sind all jene Bereiche geregelt, die dem Sozialrecht zugerechnet werden. Das betrifft etwa die Regelungen zur Sozialversicherung, die früher in der Reichsversicherungsordnung niedergelegt waren, ebenso wie Leistungen staatlicher Fürsorge. Im SGB sind idealerweise alle relevanten Regelungen kompakt zusammengefasst und nicht auf Einzelgesetze verteilt (siehe https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/). 

Als Sozialversicherungsträger werden die Institutionen bezeichnet, die auf Grundlage des Sozialgesetzbuchs Träger der Kranken-, Renten-, Pflege- und Unfallversicherung sind. Die Sozialversicherungsträger sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und unterliegen der Selbstverwaltung.

Ehrenamt bezeichnet ein Engagement in einer öffentlichen Funktion, zumeist legitimiert durch eine Wahl; bei den Sozialversicherungsträgern ist dies die Sozialwahl. Die dabei gewählten Versichertenvertreter*innen sind ehrenamtlich tätig, d. h. sie erhalten aufgrund dieser Funktion keine regelmäßige Vergütung (zumeist aber eine Aufwandsentschädigung) und können daher wirtschaftlich unabhängig agieren.

Die Sozialversicherungsträger führen die ihnen staatlich zugewiesenen Aufgaben unter staatlicher Aufsicht organisatorisch und finanziell selbstständig durch. Dies ist die Aufgabe der gewählten Vertreter*innen der Beitragszahler*innen in den Gremien der Selbstverwaltung. Dahinter steht die Idee, dass Betroffene selbst besser die Arbeit ihres Trägers beurteilen können als externe Beobachter*innen. Zudem wird die öffentliche Verwaltung auf diese Weise erheblich entlastet. (siehe dazu auch unseren Videoclip „Selbstverwaltung? Was ist das?“) 

Im Rahmen Sozialwahlen, die alle sechs Jahre stattfinden, werden die Organe der Selbstverwaltung bei den Sozialversicherungsträgern bestimmt. Wahlberechtigt sind die Versicherten in der gesetzlichen Sozialversicherung – es gilt das Prinzip: Wer Beiträge einzahlt oder eingezahlt hat, der soll auch mitbestimmen. Die Wahlen werden je nach Träger als „Urwahl“ und als „Friedenswahl“ durchgeführt. Das bedeutet: Dort, wo die Anzahl der Bewerber*innen die Anzahl der Mandate übersteigt, findet ein Wahlakt statt („Urwahl“). Ist die Anzahl kleiner oder gleich, wird darauf verzichtet und die vorgeschlagenen Kandidat*innen gelten (ohne Wahlhandlung) als gewählt.

In der Vertreterversammlung der DRV Bund kontrollieren die gewählten ehrenamtlichen Vertreter*innen unter anderem die ordnungsgemäße Haushaltsplanung der Verwaltung, wählen den Vorstand sowie die zahlreichen Versichertenberater*innen und besetzen die Widerspruchsausschüsse. Die Vertreterversammlung mit ihren 30 Mitgliedern setzt sich je zur Hälfte aus Arbeitgeber- und Versichertenvertreter*innen zusammen.